Die Rettungsorganisationen: der Schweizerische Militär-Sanitäts-Verband (SMSV)

Der Schweizerische Militär-Sanitäts-Verband wurde 1881 von Ernst Möckly (1856–1905) gegründet. Der Sohn des Schuhmachermeisters August Möckli, der aus Basadingen im Kanton Thurgau stammte, wurde in Lausanne geboren und wuchs dort auf. Wohl deshalb passte er die Schreibweise seines Familiennamens an das in der Westschweiz übliche «y» an. Als sein Vater 1873 starb, übernahm der erst 17-jährige Ernst das Schuhmachergeschäft und führte es während zweier Jahre weiter. Anschliessend zog er nach Bern, wo er in einer Werkstatt für orthopädische Schuhe angestellt und später zum Geschäftsführer ernannt wurde. 1893 wechselte er in die Bundesverwaltung. Dort arbeitete er «als fachmännischer Gehülfe in der Fussbekleidungsbranche des eidg. Oberkriegskommissariats». 1902 zog sich Möckly eine schwere Lungenerkrankung zu, von der er sich nicht mehr erholte. Er starb am 22. April 1905 in Tenero (Tessin) im Alter von nicht einmal 50 Jahren.

Der SMSV, die Verkörperung des Ideals vom Bürger in Uniform 

Im Militär wurde Ernst Möckly innert kurzer Zeit zum Wachtmeister befördert. Die Sanitätstruppen, bei denen er eingeteilt war, bestanden in der noch jungen Schweizer Armee erst seit Kurzem. Damals dauerte die Rekrutenschule nur fünf Wochen. Diese kurze Dienstzeit genügte aus Sicht des jungen Wachtmeisters nicht, um die Soldaten angemessen theoretisch auszubilden und entsprechende Übungen durchzuführen. Deshalb schlug er vor, den Sanitätssoldaten die Möglichkeit zu einer ausserdienstlichen Fortbildung zu geben. Im November 1880 nahm seine Idee konkrete Formen an: Die Berner Sanitätssoldaten gründeten den ersten Militärsanitätsverein des Landes mit Ernst Möckly als Präsidenten. 

Im darauffolgenden Jahr entstanden auf Initiative von Möckly, der unterdessen zum Feldweibel befördert worden war, fünf weitere Sektionen: Aarau, St. Gallen, Basel, Zürich und Luzern. Diese ersten Militärsanitätsvereine mit ihrer national-patriotischen Gesinnung waren im städtischen Umfeld der Deutschschweiz fest verankert. Am 23. Oktober 1881 schlossen sie sich auf Anregung von Möckly zum Schweizerischen Militär-Sanitäts-Verband zusammen. Gleichzeitig war Möckly massgeblich an der «zweiten Gründung» des Schweizerischen Roten Kreuzes beteiligt, da ihn der Zürcher Pfarrer und Philanthrop Walter Kempin für sein Vorhaben gewonnen hatte: Am 25. April 1882 wurde Ernst Möckly in Olten zum Vizepräsidenten des neu gegründeten Schweizerischen Centralvereins vom Roten Kreuz gewählt, der an die Stelle des früheren Hülfsvereins für schweizerische Wehrmänner und deren Familien trat. Schliesslich war Möckly, der mit grosser Überzeugungskraft für die Ideen Dunants eintrat, auch der Initiator der schweizerischen Samariterbewegung.

Ausschlaggebend für die Gründung der verschiedenen Militärsanitätsvereine waren zweifellos die Erfahrungen, die man bei der Mobilmachung von 1870–1871 gemacht hatte: Im Deutsch-Französischen Krieg waren die Unzulänglichkeiten und Schwächen der Sanitätsdienste der beteiligten Armeen offen zutage getreten. Diese hatten sich ausser Stande gezeigt, die verwundeten Soldaten angemessen zu versorgen. Die Gründer der ersten Militärsanitätsvereine verkörperten aber auch den Idealtypus des Bürgers in Uniform. Sie gehörten einer Generation an, die vom Aufkommen eines Gefühls der nationalen Zusammengehörigkeit in der Schweiz geprägt war. Die tief greifenden Veränderungen im militärischen Bereich, wie die Zentralisierung der Armee im Rahmen der Verfassungsreform von 1874, betrafen diese jungen Männer, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geboren worden waren, ganz direkt.

Rekrutierung neuer Mitglieder als Herausforderung 

Anfänglich gehörten dem SMSV fünf Sektionen und 150 Aktivmitglieder an. 2024 umfasst er 1875 Mitglieder und 31 Sektionen, darunter eine Jugendorganisation. Seit ihrer Gründung sind die Militärsanitätsvereine naturgemäss mit der Tätigkeit der Armee verbunden. Ihre Entwicklung hängt somit stark von der internationalen Lage ab. Wie die unten stehende Tabelle zeigt, nahm der Mitgliederbestand jeweils vor allem in Kriegszeiten stark zu: 

Jahr

Anzahl Sektionen

Anzahl Aktivmitglieder

1881

5

150

1906

24

620

1931

31

1035

1944

44

1361

1945

44

1185

1956

47

1137

1979

48

1318

 

Zunächst war die Mitgliedschaft im SMSV den Sanitätssoldaten des Auszugs und der Landwehr vorbehalten. Doch mit der Zeit öffnete sich der Verband schrittweise für Soldaten anderer Waffengattungen, für Mitglieder der Rotkreuzkolonnen, für Frauen, für Angehörige des Zivilschutzes und schliesslich sogar für Personen, die nicht der Armee angehörten. Mittlerweile werden alle Personen aufgenommen, die für den koordinierten Sanitätsdienst tätig sind. Gemäss Artikel 3 seiner Statuten (1969) bezweckt die Tätigkeit des SMSV die Förderung der:

«ausserdienstlichen Weiterbildung im Armeesanitätswesen, Durchführung der militärtechnischen Vorbildung gemäss den Weisungen des EMD, Erfüllung seiner Aufgaben als Hilfsorganisation des SRK im Rahmen der Vereinbarungen, Bestrebungen des Zivilschutzes, geistigen Landesverteidigung, körperlichen Ertüchtigung, Pflege der Kameradschaft» (1881–1981, Schweizerischer Militärsanitätsverein, 100 Jahre, Zentralblatt, Mai 1981, S. 14.)

Der SMSV sieht sich mit einer Alterung seines Mitgliederbestands und mit Rekrutierungsschwierigkeiten konfrontiert. Deshalb muss er laufend neue Mitglieder gewinnen. Seit 1982, als er Korporativmitglied des SRK wurde, veranstaltet er jedes Jahr ein Ausbildungs- und Ferienlager für Jugendliche. Dieses Lager findet jeweils am Schwarzsee im Kanton Freiburg statt. Es soll die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen dem SRK und der Schweizer Armee mit dem Thema Erste Hilfe vertraut machen.

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