Der Erste Weltkrieg stellte das Rote Kreuz vor völlig neue Herausforderungen. Das erschreckende Ausmass des Konflikts, die Zuspitzung des Nationalismus und die fanatische Entschlossenheit der militärischen Führungsstäbe erschwerten humanitäre Einsätze massiv. Von diesem «totalen» Krieg waren auch die Rotkreuzgesellschaften der Krieg führenden Staaten betroffen. Sie wurden in die Kriegsanstrengungen einbezogen, ebenso wie die Wirtschaft, die Presse, die Kunst, die Kultur und die Religion. Für die nationalen Gesellschaften war es teilweise schwierig, sich dieser Vereinnahmung zu entziehen und völlig unabhängig zu handeln, um dem Grundsatz der Unparteilichkeit auf den Schlachtfeldern Nachachtung zu verschaffen.
Als neutraler Staat wurde die Schweiz nicht direkt in den Krieg hineingezogen. Dennoch war sie stark vom Konflikt betroffen: Ihre wirtschaftliche Souveränität wurde unterminiert, und verschiedene interne Affären erschütterten den nationalen Zusammenhalt zwischen der Deutsch- und der Westschweiz. Auf dem diplomatischen Parkett sah sich die geschwächte und isolierte Eidgenossenschaft völlig an den Rand gedrängt. Doch mit ihrer humanitären Arbeit für beide kriegführenden Lager fand sie einen Weg, um auf der internationalen Bühne wieder in den Vordergrund zu treten. In diesem Zusammenhang lässt sich von einer eigentlichen «humanitären Diplomatie» sprechen.
Mit seinem aktiven, freiwilligen und mutigen Wirken bildete das Schweizerische Rote Kreuz gewissermassen die Speerspitze der Schweizer Initiativen für Kriegsopfer. Das SRK zeichnete sich vor allem durch seine Aktion zur Repatriierung internierter Zivilpersonen und verwundeter Kriegsgefangener aus, die quer durch die Schweiz transportiert wurden. Das Bildmaterial aus jener Zeit und insbesondere die Postkarten zeugen vom humanitären Engagement der Schweiz, das in Szene gesetzt wird, um das Image des Landes zu pflegen.