Die Finanzierung der Kinderhilfe

Auf Anordnung des Bundesrates hin übernahm das SRK ab 1942 die Leitung der Hilfsmassnahmen, die in Frankreich für kriegsversehrte Kinder durchgeführt wurden. Es intensivierte und entwickelte die Hilfstätigkeit, welche die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder drei Jahre zuvor aufgenommen hatte. 

Die Anfänge des humanitären Marketings

Erstmals in seiner Geschichte setzte das SRK auf eine breit angelegte Öffentlichkeitskampagne, eine eigentliche Marketingaktion für seine humanitäre Arbeit. Damit sollten die Bürgerinnen und Bürger sensibilisiert und die benötigten Mittel beschafft werden. Über die vor Ort geleistete Hilfe wurde in den Medien intensiv berichtet, auch mit Fotos, Filmen und Radiosendungen. Vor dem Krieg hatten sich die ordentlichen Einnahmen des SRK im Durchschnitt auf 100'000 Franken pro Jahr belaufen. Diese Summe reichte kaum aus, um die laufenden Kosten zu decken. Für die SRK-Kinderhilfe brauchte es darum zusätzliche Mittel.

1942 wurden die ersten Spendenaufrufe lanciert. In der Folge wurden im ganzen Land Millionen von Franken gesammelt. Die 21 kantonalen Sektionen der SRK-Kinderhilfe bildeten zwar das Rückgrat für die Finanzierung der Hilfsmassnahmen im Ausland, doch nun wurde die gesamte Bevölkerung mobilisiert: Zur Unterstützung der Kinderhilfe wurden im ganzen Land Konzerte, Kunstausstellungen, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie Wohltätigkeitsbasare organisiert. Zahlreiche Geschäfte verkauften Briefmarken zugunsten der Kinderhilfe, in Nähstuben wurden spezielle Kleidchen angefertigt, und Frauenverbände sowie bäuerliche Organisationen dörrten Früchte und Gemüse, die dann in den Einrichtungen der SRK-Kinderhilfe verteilt wurden.

Der Wochenbatzen

Die Massnahmen zur Mittelbeschaffung wurden durch eine intensive Öffentlichkeitskampagne unterstützt. Durch die Präsenz der Sammelaktionen in der Öffentlichkeit, ihre Inszenierung und die vermittelte Symbolik wurde die Bevölkerung zu noch grosszügigeren Spenden veranlasst. Aufgrund ihres hohen Symbolgehalts wurde die Mitwirkung von Schweizer Kindern bei der Durchführung der Spendensammlungen ostentativ in den Vordergrund gestellt. Dies war auch bei der im April 1942 lancierten Aktion «Wochenbatzen» der Fall: Die Schweizer Haushalte wurden dazu aufgerufen, wöchentlich zehn Rappen für die Kinderhilfe zu spenden. Während des Krieges war der Wochenbatzen die wichtigste Stütze für die Finanzierung der Kinderhilfe. 

Der bescheidene Obolus hatte den Vorteil, dass damit regelmässige Zahlungseingänge gewährleistet waren, ohne dass andere punktuelle Sammelaktionen konkurrenziert wurden. Woche für Woche gingen Schulkinder, Samariter, Pfadfinder und Freiwillige von Tür zu Tür, um den Wochenbatzen einzusammeln. Der Ablauf war von Kanton zu Kanton etwas anders, und in der Presse, im Radio und in der Schweizer Filmwochenschau wurde sehr breit über diese Spendenaktion berichtet. Ihre Ergebnisse waren beeindruckend: Bis Ende 1942 hatte der Wochenbatzen bereits 1,3 Millionen Franken eingebracht. Im darauffolgenden Jahr war er nach den Patenschaften die zweitgrösste Einnahmequelle. 1944 belief sich der durchschnittliche Ertrag auf 200'000 Franken pro Monat. Bis Ende 1946 wurden im Rahmen des Wochenbatzens insgesamt 8,67 Millionen Franken gesammelt.

Die «Beckeli-Aktion»

Ab 1944 wurde die Not in den kriegsversehrten Ländern immer grösser. Deshalb wollte die SRK-Kinderhilfe ihr Engagement im Ausland ausweiten. Um den zunehmenden Finanzbedarf zu decken, musste sich das SRK eine neue ständige Finanzierungsquelle erschliessen. So entstand die «Beckeli-Aktion» der Kinderhilfe: Ab 1944 wurden auf der Strasse Milchbeckeli aus Keramik verkauft, die als Sparbüchsen dienten. 

Mit Spenden gefüllt wurden diese Beckeli anschliessend von Kindern zu den Sammelstellen der Kinderhilfe zurückgebracht. Das Öffnen der Sparbüchsen, die mit einem Hammer zerschlagen wurden, war jeweils Anlass für ein Volksfest, bei dem die Kinder im Mittelpunkt standen. Sowohl in den Städten als auch auf dem Land war die «Beckeli-Aktion» auf Anhieb ein Erfolg. Bis Ende 1944 wurden mit den 469'935 verkauften Beckeli Einnahmen in Höhe von 740'436 Franken erzielt. 

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