Die Repatriierung verletzter ausländischer Soldaten

Da die Schweiz zwischen den beiden Konfliktparteien lag, sah sie sich faktisch mit den ersten Auswirkungen des bevorstehenden Krieges konfrontiert. Im Ausland niedergelassene Zivilpersonen, die so rasch als möglich in ihre Herkunftsländer zurückkehren wollten, lösten eine Massenbewegung aus. 

Auf dem Rückweg in ihre Heimat durchquerten innerhalb weniger Tage Tausende von italienischen Arbeitskräften das Land, die aus Frankreich und Deutschland ausgewiesen worden waren. Über 100'000 Migranten strömten in die Grenzorte Basel, Romanshorn und Boncourt. Dort wurden sie von Frauenvereinen, Hilfsorganisationen, lokalen Rotkreuzsektionen und zahlreichen Freiwilligen betreut: Sie wurden in Notunterkünften untergebracht und verpflegt, bevor sie nach Chiasso weitergeleitet wurden. 

Die Vermittlung von Bund und IKRK

Doch nicht allen Zivilpersonen gelang es, innerhalb der vorgegebenen Fristen in ihre Herkunftsländer zurückzukehren. Da die Züge sehr bald für Truppentransporte requiriert wurden, fehlte es an Transportmitteln. Die vom Kriegsausbruch überraschten Menschen sassen in einem Land fest, das von einem Tag auf den anderen zum Feind geworden war. Sie wurden zurückgehalten, triagiert, registriert und als sogenannte internierte Zivilpersonen in Lagern festgesetzt. Um diesen Menschen zu ermöglichen, per Bahn in ihre Herkunftsländer zurückzukehren, richtete die Bundesverwaltung am 22. September 1914 das Bureau für die Vermittlung der Heimschaffung internierter Zivilpersonen ein. Insgesamt wurden so über 20'000 nicht wehrfähige französische, österreichische und deutsche Internierte (Frauen, Kinder und Betagte) von Grenze zu Grenze transportiert. Danach übernahm die Schweiz ab März 1915 die Evakuierung der Bewohner der von Deutschland besetzten französischen Gebiete. Dabei handelte es sich zumeist um bedürftige Personen, die von der Besatzungsmacht nicht verpflegt werden konnten. Sie wurden über Schaffhausen und Basel in Richtung Annemasse und Evian repatriiert. Private Hilfskomitees und Sektionen des SRK engagierten sich, um Lebensmittel für diese Menschen bereitzustellen und sie medizinisch zu versorgen. Insgesamt wurden so fast 500'000 Personen quer durch die Schweiz transportiert. Ab Anfang 1915 konnten dank der Schweizer Vermittlung auch schwerverletzte französische und deutsche Kriegsgefangene repatriiert werden. Auf Initiative des IKRK wurden Zehntausende von Schwerverwundeten, die nicht mehr kriegstauglich waren, aus der Gefangenschaft entlassen und der Gegenseite übergeben: 29'925 Franzosen und Belgier, 17'780 Deutsche, 17'479 Italiener, 15'675 Österreicher und Ungaren sowie 5209 Serben. 

Das SRK zeichnet sich in einem humanitären Einsatz aus

Das SRK wurde angefragt, diesen Austausch von verwundeten Kriegsgefangenen zu begleiten und zu unterstützen. Unter der Leitung seines Chefarztes Carl Bohny wurden spezielle Lazarettzüge eingerichtet, mit denen jeweils 500 bis 550 Gefangene befördert werden konnten. Mitglieder der Rotkreuzkolonnen, Krankenschwestern, Samariter und Ärzte aus der Schweiz begleiteten diese Züge, die zwischen Lyon und Konstanz sowie zwischen Como und Bregenz verkehrten. Unterwegs hielten die Verwundetentransporte in den Bahnhöfen von Zürich, Bern, Freiburg, Lausanne und Genf. Während dieser kurzen Aufenthalte brachte die Bevölkerung ihre Solidarität zum Ausdruck: Auf den Perrons waren auch Samariter und Mitglieder des Roten Kreuzes anwesend, versorgten die Züge mit Nachschub und bekundeten den Verwundeten ihr Mitgefühl. Dieses umfangreiche internationale Engagement für die Opfer des Krieges, mit dem sich das SRK hervortat, stand ganz im Einklang mit seinem humanitären Auftrag.

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